Riester-Rente 2024: Lohnt sich das noch?
Die Riester-Rente steht seit Jahren in der Kritik. Niedrige Renditen, hohe Kosten und komplexe Regelungen haben das Image beschädigt. Doch lohnt sich Riester trotzdem noch? Wir analysieren die aktuelle Situation und zeigen Alternativen auf.
Was ist die Riester-Rente?
Die Riester-Rente wurde 2002 unter Arbeitsminister Walter Riester eingeführt, um die Kürzungen bei der gesetzlichen Rente auszugleichen. Sie ist eine staatlich geförderte, private Altersvorsorge mit besonderen Eigenschaften:
Grundprinzipien der Riester-Rente:
- Staatliche Förderung: Zulagen und Steuervorteile
- Beitragsgarantie: Mindestens eingezahlte Beiträge plus Zulagen
- Lebenslange Rente: Auszahlung ab 62 Jahren (bei Verträgen ab 2012)
- Begrenzte Kapitalentnahme: Maximal 30% zum Rentenbeginn
- Nachgelagerte Besteuerung: Rente wird voll versteuert
Die Riester-Förderung im Detail
Grundzulage 2024:
- 175€ pro Jahr für förderberechtigte Person
- 300€ pro Jahr für jedes Kind (geboren ab 2008)
- 185€ pro Jahr für Kinder (geboren vor 2008)
- 200€ Berufseinsteiger-Bonus (bis 25 Jahre im ersten Beitragsjahr)
Mindesteigenbeitrag:
Um die volle Förderung zu erhalten, müssen Sie mindestens 4% Ihres rentenversicherungspflichtigen Einkommens einzahlen, mindestens aber 60€ pro Jahr.
Beispielrechnung für Familie mit 2 Kindern (geboren ab 2008):
- Bruttoeinkommen: 40.000€
- Mindesteigenbeitrag: 1.600€ (4% von 40.000€)
- Staatliche Förderung: 175€ + 600€ = 775€
- Eigenbeitrag: 1.600€ - 775€ = 825€
- Förderquote: 48,4%
Wer ist förderberechtigt?
Unmittelbar förderberechtigt:
- Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung
- Beamte, Richter, Soldaten
- Empfänger von Arbeitslosengeld I und II
- Geringfügig Beschäftigte mit eigenem Rentenversicherungsbeitrag
- Pflichtversicherte in der Alterssicherung der Landwirte
Mittelbar förderberechtigt:
- Ehepartner von unmittelbar Förderberechtigten
- Auch bei geringfügiger eigener Beschäftigung
Nicht förderberechtigt:
- Selbstständige (außer pflichtversicherte)
- Freiberufler in berufsständischen Versorgungswerken
- Beamte auf Widerruf
- Studenten ohne rentenversicherungspflichtige Beschäftigung
Riester-Produktarten im Überblick
1. Riester-Rentenversicherung
Vorteile:
- Beitragsgarantie
- Planungssicherheit
- Lebenslange Rente garantiert
Nachteile:
- Niedrige Renditen
- Hohe Kosten
- Geringe Flexibilität
2. Riester-Fondssparplan
Vorteile:
- Höhere Renditechancen
- Professionelles Fondsmanagement
- Beitragsgarantie bei Rentenbeginn
Nachteile:
- Kapitalmarktrisiko
- Hohe Kosten
- Komplexe Garantiemechanismen
3. Riester-Banksparplan
Vorteile:
- Einfach und transparent
- Niedrige Kosten
- Vollständige Beitragsgarantie
Nachteile:
- Sehr niedrige Zinsen
- Keine Inflationsanpassung
- Geringe Rendite
4. Wohn-Riester (Eigenheimrente)
Vorteile:
- Eigenkapitalaufbau für Immobilie
- Tilgung bestehender Darlehen möglich
- Mietfreiheit im Alter
Nachteile:
- Komplexe Regelungen
- Nachgelagerte Besteuerung auch bei Eigennutzung
- Eingeschränkte Flexibilität
Die Kritikpunkte an der Riester-Rente
1. Hohe Kosten
Viele Riester-Produkte haben Gesamtkosten von 2-3% jährlich, was die Rendite erheblich schmälert.
Typische Kostenfaktoren:
- Abschlusskosten (oft über 5 Jahre verteilt)
- Verwaltungskosten
- Fondsmanagementgebühren
- Garantiekosten
2. Niedrige Renditen
Die Kombination aus niedrigen Zinsen, hohen Kosten und Garantieverpflichtungen führt zu enttäuschenden Renditen.
"Studien zeigen, dass viele Riester-Sparer real, also nach Inflation, sogar Verluste machen."
3. Komplexität
- Unübersichtliche Förderregeln
- Komplizierte Produktstrukturen
- Schwer verständliche Kostenstrukturen
- Bürokratischer Aufwand
4. Inflexibilität
- Lange Vertragsbindung
- Hohe Kosten bei Kündigung
- Begrenzte Verfügbarkeit des Kapitals
- Nachgelagerte Besteuerung
Für wen lohnt sich Riester noch?
Riester kann sich lohnen für:
1. Familien mit Kindern
- Hohe Förderquote durch Kinderzulagen
- Bei 3+ Kindern oft über 50% staatliche Förderung
- Auch bei niedrigen Einkommen lohnend
2. Geringverdiener
- Hohe relative Förderung
- Mindestbeitrag nur 60€ pro Jahr
- Steuerliche Vorteile weniger relevant
3. Beamte
- Keine gesetzliche Rente
- Riester als zweite Säule sinnvoll
- Oft höhere Steuervorteile
Riester lohnt sich NICHT für:
1. Gutverdiener ohne Kinder
- Geringe relative Förderung
- Hohe Steuerbelastung in der Auszahlungsphase
- Bessere Alternativen verfügbar
2. Selbstständige
- Keine Förderberechtigung
- Rürup-Rente oft sinnvoller
3. Flexible Anleger
- Eingeschränkte Verfügbarkeit
- Bessere Renditen mit ETFs möglich
Alternativen zur Riester-Rente
1. ETF-Sparpläne
Vorteile:
- Niedrige Kosten (0,1-0,5% jährlich)
- Hohe Flexibilität
- Bessere langfristige Renditeaussichten
- Jederzeit verfügbar
Nachteile:
- Keine staatliche Förderung
- Kapitalmarktrisiko
- Keine Garantien
2. Betriebliche Altersvorsorge
Vorteile:
- Arbeitgeberzuschuss (seit 2019 verpflichtend)
- Steuer- und Sozialabgabenersparnis
- Oft bessere Konditionen
3. Private Rentenversicherung
Vorteile:
- Flexiblere Gestaltung
- Ertragsanteilbesteuerung
- Oft niedrigere Kosten als Riester
4. Immobilien
Vorteile:
- Inflationsschutz
- Mietfreiheit im Alter
- Wertsteigerungspotenzial
Aktuelle Reformdiskussion
Geplante Änderungen:
- Riester 2.0: Einfachere Produkte mit Standardoptionen
- Öffentlicher Fonds: Staatlich verwaltete Alternative
- Kostendeckel: Begrenzung der Gebühren
- Flexibilisierung: Bessere Übertragbarkeit
Zeitplan:
Die Umsetzung der Riester-Reform ist für 2025/2026 geplant, aber politische Entscheidungen stehen noch aus.
Entscheidungshilfe: Riester ja oder nein?
Riester-Check: Diese Fragen helfen bei der Entscheidung
Förderung bewerten:
- Sind Sie förderberechtigt?
- Wie hoch ist Ihre staatliche Förderung?
- Liegt die Förderquote über 30%?
Kosten prüfen:
- Wie hoch sind die Gesamtkosten?
- Übersteigt die Förderung die Kosten deutlich?
- Gibt es günstigere Alternativen?
Flexibilität bewerten:
- Können Sie langfristig sparen?
- Benötigen Sie Flexibilität bei der Verfügung?
- Passt die Bindung zu Ihrer Lebensplanung?
Entscheidungsmatrix:
Situation | Riester empfohlen? | Alternative |
---|---|---|
Familie mit 2+ Kindern | ✅ Ja | Ergänzend: ETF-Sparplan |
Geringverdiener | ✅ Ja | Betriebsrente bevorzugen |
Gutverdiener ohne Kinder | ❌ Nein | ETF-Sparplan + Betriebsrente |
Beamte | ✅ Bedingt | Je nach Förderung |
Selbstständige | ❌ Nein | Rürup-Rente |
Praktische Tipps für Riester-Sparer
Wenn Sie sich für Riester entscheiden:
- Anbieter vergleichen: Kostenunterschiede sind erheblich
- Zulagenantrag stellen: Automatisch nur im ersten Jahr
- Dauerauftrag für Zulagen: Vermeidet Vergessen
- Beitrag anpassen: Bei Gehaltsänderungen
- Kosten minimieren: ETF-basierte Riester-Produkte bevorzugen
Bestehende Verträge optimieren:
- Anbieterwechsel prüfen: Oft lohnend trotz Kosten
- Beitragspausen vermeiden: Förderung geht verloren
- Zulagen kontrollieren: Häufig werden nicht alle beantragt
Fazit: Die ehrliche Einschätzung
Die Riester-Rente ist ein umstrittenes Produkt mit berechtigter Kritik. Die hohen Kosten und niedrigen Renditen machen sie für viele Sparer unattraktiv. Dennoch kann sie in bestimmten Situationen sinnvoll sein:
Riester lohnt sich hauptsächlich für:
- Familien mit mehreren Kindern
- Geringverdiener mit hoher relativer Förderung
- Sparer, die maximale Sicherheit wünschen
Für alle anderen gilt:
ETF-Sparpläne bieten bei niedrigeren Kosten bessere Renditeaussichten und mehr Flexibilität. Die staatliche Förderung bei Riester kann die strukturellen Nachteile oft nicht ausgleichen.
Unsere Empfehlung:
Prüfen Sie zunächst alle anderen Optionen (Betriebsrente, ETF-Sparpläne) und nutzen Sie Riester nur, wenn die staatliche Förderung deutlich überwiegt. Eine professionelle Beratung kann dabei helfen, die optimale Entscheidung für Ihre Situation zu treffen.